Mehr Transparenz zu bisher ungeklärten Fragen rund um den Verkauf der Langsdorfer Höhe
Anlässlich des Berichtsantrages des Bündnisses aus der Wählergruppe Bürger für ein lebenswertes Lich (BfL), Bündnis 90/Die Grünen und Freien Demokraten wurde das Thema Verkauf der Langsdorfer Höhe erneut auf die Tagesordnung der 6. Sitzung des Ausschusses Logistikzentrum Langsdorfer Höhe und Verkehr gesetzt. Grundlage war der zweite Teil des umfangreichen Fragenkatalogs, der vor allem allgemeine Fragen zum Verkauf der Langsdorfer Höhe und den erwarteten Einnahmen daraus zum Inhalt hatte. Im Rahmen einer fast eineinhalbstündigen Diskussion mit Ausschussmitgliedern, Licher Bürgerinnen und Bürgern, Stadtverordneten und Magistrat wurden die schriftlichen Antworten des Magistrats auf diese intensiv hinterfragt und diskutiert. „Uns geht es dabei um die Schaffung von Transparenz zu bisher ungeklärten Fragen, z.B. warum es beim Verkauf der Langsdorfer Höhe keine Ausschreibung und kein Wertgutachten gab und wie es zum Verkauf unter Verkehrswert an die Fa. Dietz zum Preis von 25 €/qm kam,“ erklärte Magnus Schneider, Fraktionsvorsitzender der BfL.
In der Vergangenheit, so beantwortete der Magistrat die Frage, wurde noch nie für den Verkauf einer städtischen Fläche eine spezielle Ausschreibung durchgeführt. Die Verkaufspreise werden durch den Magistrat festgelegt. Ein Wertgutachten sei bislang bei keinem Verkauf eines städtischen Grundstücks erstellt worden, so die Stadt. Einige Ausschussmitglieder äußerten ihr Unverständnis gegenüber dieser Vorgehensweise, insbesondere im Hinblick auf den hohen Wert des Grundstückes in Millionenhöhe und dem geringen Verkaufspreis von 25 €/qm. So sei es nicht möglich nachzuvollziehen, ob der Verkaufspreis auch wirklich dem Verkehrswert entsprochen hatte. Bürgermeister Neubert führte weiterhin aus, dass gegenüber der Stadt neben der Dietz AG keine weiteren Interessenten aufgetreten wären und es auch keine Interessensbekundungen gegeben hätte. „Der BfL liegt das Schreiben eines Investors vor, das auch der Stadt bekannt ist, in dem er angibt, dass er durchaus Interesse an einem Kauf des gesamten Geländes gehabt und dies auch gegenüber der Stadt geäußert hätte,“ widersprach Magnus Schneider. Darüber hinaus hatten Licher Geschäftsleute gegenüber der Stadt Interesse am Kauf geäußert, wie sie der BfL bestätigten. Sie seien aber abgewiesen worden. Dem Bauamt seien damals keine weiteren Interessenten bekannt gewesen und ob dies auch für den damaligen Bürgermeister Klein zuträfe, kann nicht beantwortet werden, entgegnete Marco Römer (Fachbereichsleiter Bauservice).
Intensiv setzte sich der Ausschuss mit der Klärung der Frage auseinander, ob dem Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung als Entscheidungsgrundlage zum Verkauf der Langsdorfer Höhe eine klare Gegenüberstellung der zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben vorlag. In der schriftlichen Antwort wird auf die Beschlussvorlage der Stadtverordnetenversammlung vom 7. November 2018 zum Verkauf der Langsdorfer Höhe verwiesen. Darin findet sich eine Auflistung der Aufwendungen der Stadt Lich. In dieser fehlen allerdings die Restschulden an die Hessische Landesgesellschaft. Diese wurden in der tabellarischen Auflistungen der Kosten nicht genannt, sondern nur an anderer Stelle im Prosatext mit 2,1 Mio € beziffert (nach Aussage des Magistrats auf Anfrage der BfL waren es aber faktisch 2,5 Mio €). Die Auflistung, kommt somit fälschlicherweise zu Gesamtaufwendungen von 3,75 Mio EUR (statt 6,25 Mio EUR). Diesen wurden Einnahmen aus dem Verkauf von 5,06 Mio gegenüber gestellt, was einen zu erwartenden Gewinn von 1,31 Mio € suggerierte. Unter Berücksichtigung der Restschulden an die HLG von 2,5 Mio € hätte sich jedoch ein Verlust von 1,19 Mio € ergeben. „Die Entscheidung zum Verkauf der Langsdorfer Höhe war politisch gewollt. Allen Entscheidungsträgern war klar, dass dieser Verkauf für die Stadt ein Verlustgeschäft bedeutete,“ beantwortete Armin Neumann die an die anwesenden Stadtverordnete und den Magistrat gerichtete Nachfrage, ob den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern diese Diskrepanz damals bewusst war.
Die Frage nach dem Abschluss eines Städtebaulichen Vertrages vor Abschluss des Kaufvertrags mit der Dietz AG, wurde so beantwortet, dass der Kaufvertrag Züge eines städtebaulichen Vertrages getragen habe. Regelungen zur Anzahl der Verkehrsbewegungen seien untypisch, auch mit anderen Licher Betrieben nicht geregelt, daher sei die Notwendigkeit zur Regelung nicht gesehen worden. Regelungen zur Dachbegrünung und Photovoltaik hätte man mit in den Bebauungsplan aufnehmen können. Initiativen hierzu habe es aber nicht gegeben. Aus heutiger Sicht, gerade im Hinblick auf die aktuelle Energiekrise, handelt es sich hierbei um ein bitteres Versäumnis. Als weiteres Versäumnis wurde vom Bauamt auf Nachfrage im Ausschuss eingeräumt, dass seitens der Stadt erst vor wenigen Wochen der im Städtbaulichen Vertrag mit der Dietz AG festgelegte Betrag von 20 000 EUR für die Kosten der Unterhaltung der Kreisel angefordert worden sei. Der Betrag sei aber noch nicht bei der Stadt eingegangen. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass trotz des inzwischen erfolgten Verkaufs der Logistikimmobilie an die Tritax Group aus Großbritannien –auch noch ein Jahr später – das Geld bezahlt wird. Auf Rückfrage führte der Bürgermeister noch aus, dass die Frage der Nutzung des gebauten Logistikcenters durch den Onlineeinzelhändler Wayfair, vermutlich vom Landkreis geprüft worden ist, obwohl Einzelhandel in der Baugenehmigung ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Er wird dazu noch eine Auskunft der Kreisbauaufsicht einholen.
Mit Verweis auf die gegenwärtige Bearbeitung des Verfahrens beim zuständigen Finanzamt ist nach Auskunft des Bürgermeisters für die Fläche aktuell nur eine Grundsteuer von 13.000 EUR festgesetzt worden. Erwartet wird später ein Betrag in Höhe von 200.000 EUR. Keine Antworten gab es zu der Frage nach der Höhe der zusätzlichen Gewerbesteuereinnahmen, da die erste Gewerbesteuerveranlagung erst im Jahr 2023 erfolgen wird.
Martin Seifert, Ausschussmitglied der BfL, fasste seine Erkenntnisse aus der sachlich geführten, intensiven Diskussion mit den Ausschussmitgliedern, Bürgerinnen und Bürgern, Magistrat und Stadtverordneten so zusammen: „Es ist festzuhalten: Der Verkauf der Langsdorfer Höhe war ein ziemliches Verlustgeschäft und die damalige Stadtverordnetenversammlung hat diesem Verlust mit Mehrheit – wissentlich oder unwissentlich – trotzdem zugestimmt Jeder und jede Stadtverordnete, der/die damals zugestimmt hat, muss sich fragen lassen, wie er/sie mit dieser Verantwortung umgehen will.“ Auf Nachfrage antwortete übrigens Bürgermeister Neubert, dass er dem Verkauf trotz diesem Wissens auch heute noch zustimmen würde.
In einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses werden Fragen des Naturschutzes und der Ökopunkte bezüglich der Langsdorfer Höhe diskutiert werden. Dazu werden die Fraktionen BfL, Bündnis 90/Die Grünen und FDP in den nächsten Tagen einen weiteren Fragenkatalog an den Magistrat übersenden.